Medienökologie, Tradition und Ambient Music
Der ‚Club Asia‘ in Tokyo platzt aus allen Nähten: Das japanische Label Mule Musiq begeht Anfang des Jahres seinen fünften Geburtstag. Mit von der Partie ist unter anderem Kuniyuki Takahashi a.k.a. Koss mit einem Live Act. Seine Musik war der Auslöser, weshalb Label-Chef Toshiya Kawasaki, das Label überhaupt ins Leben rief.
Eco aesthetics und Audiodesign
Obwohl der japanische Musikmarkt eher von Bands dominiert wird, fanden die zeitlosen Entwürfe von Kuniyuki Takahashi ihre Hörer. „Ich denke das Japaner im Musikbereich neue Stilrichtungen lieben. Sie sind in der unübersichtlichen Gegenwart immer auf der Suche nach etwas Neuem.” erklärt er den Erfolg von Nischenmusik in Japan. Neben diesem kreativen Umgang mit dem Chaos der modernen Welt spielt aber auch ein anderer Aspekt eine zentrale Rolle für das japanische Musikverständnis: „Wir mögen auch die Stille, Meditation und Menschlichkeit.“ Diese Gegensätze sind nicht nur für Kuniyukis musikalisches Schaffen von zentraler Bedeutung: „Zen und Chaos sind die entscheidenden Dinge, die die gesamte japanische Musikszene bis heute prägen.“
Deep listening und Zen
Die Einfachheit und Menschlichkeit von Zen kennzeichnen auch Kuniyuki‘s Zugang zu Musik. „Ich hatte gar keine andere Wahl als Musiker zu werden, schon als ich klein war hat mich Musik fasziniert, sobald ich mit ihr in Berührung kam.“ Während sein Vater zahllose Instrumente sammelte, diese aber nicht beherrschte, hat der Autodidakt Kuniyuki sich das Spielen verschiedener Instrumente selbst beigebracht. „Ich habe keine musikalische Ausbildung im klassischen Sinn. Aber immer wenn ich akustische Klänge für meine Musik benötigte, habe ich ein neues Instrument ausprobiert.“
Sounddesign, Ambient und Electronic Sound Art
Neben der Instrumentensammlung seines Vaters nennt der in Sppaoro lebende Sounddesigner Kraftwerk, Yellow Magic Orchestra und Brian Eno, aber eben auch traditionelle afrikanische Musik als maßgebliche Bezugspunkte seiner musikalischen Entwicklung. Dieser Spagat zwischen organischen und elektronischen Elementen ist auch heute noch in seiner Musik präsent. Seinen Hang zu elektronischem Minimalismus lebt er unter dem Pseudonym Koss aus. Als Kuniyuki veröffentlicht er House-Musik, die sich oft durch kleinteilige Arrangements, Pentatonik und Polyrhythmik auszeichnet. Dabei verwebt er akustische Instrumente wie Gitarre, Querflöte und Klavier mit elektronischen Klangerzeugern – Heraus kommt dabei niemals aufdringliche, schöne Musik voller Emotionalität und Individualität.
Auch wenn ein offensichtlicher Orientierungspunkt seiner Musik Deephouse ist, verbindet er verschiedene musikalische Kulturen und verarbeitet unterschiedliche Genres auf eine geradezu selbstverständliche Art und Weise. So hört man in seinen aktuellen Veröffentlichungen Bezüge zu Jazz, Trance, Klassik, Elektro, Folklore und House. „Vielleicht ist meine Musik so vielfältig, weil ich Japaner bin“ erklärt Kuniyuki die Gegensätze in seiner Musik auf die Offenheit der japanischen Musikszene zurück. Aber er schiebt sofort hinterher: „Letztendlich ist es meine eigene Soul Music“.
Ursprünglich erschienen in: GROOVE Magazin 2009, gekürzt
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